Fiche du document numéro 31619

Attention : ce document exprime l'idéologie des auteurs du génocide contre les Tutsi ou se montre tolérant à son égard.
Num
31619
Date
Dimanche 19 April 1964
Amj
Auteur
Fichier
Taille
344253
Pages
4
Urlorg
Titre
Schreiben des Schweizer Beraters des rwandischen Präsidenten Frey an Senn, Delegierter des Internationalen Komitees
Nom cité
Nom cité
Nom cité
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Fonds d'archives
Type
Lettre
Langue
DE
Citation
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Kigali, den 19, Mltwa' 1964

rt 2 TEE

-5, Dez. 1966

Herrn 0,0, Senn, Delegierter des IKRK,

Lieber Herr Senn,

Ihre fünf Briefe vom 3., 7,, 9. und 11. April sind
gut eingetroffen, Haben Sie vielen herzlichen Dank für die
Offenheit Ihrer Darlegungen, für die überaus wertvollen Hin-
weise und Ratschläge!

Ich schicke Ihnen die (leider schlechte) Fotokopie
der Notis, die ich am 9, April dem Präsidenten überreicht
habe, Nachdem ich eingesehen hatte, dass der Fräsident darauf
spekuliert, es werde schon Gras über alles wachsen, und sich
falsche Vorstellungen über die Situation in Zuropa macht,
entschloss ich mich zu dieser Handlung, damit der Präsident
die Haltung seines Beraters einmak schwarz auf weiss besitst,
Seine Reaktion w ar erstaunlich: Zuerst beglückwünschte er
mich, ihn schonungslos orientiert mu haben. Doch dann versuch-
te er in einem zweistündigen Ringen die Sache zu verharmlosen,.
Dass der Aussenminister unfähig ist, bestritt er nicht, doch
was läge denn gegen den Justimminister vor? Ich agte, ich sei
noch nicht in Nyanzsza gewesen, üdaher könne ich ihm nicht mit
einer Liste von Sünden dieses Ministers aufwarten. Aber die
Verfehlungen kämen mir täglich zu Ohren, und übrigens: "je n’'al
pas de confiance en cette homme", Ich fragte ihn dann, mir ganz
offen au sagen, ob diese ürei Männer für ihn innenpolitisch
unerlässlich seien. Mit einer Handbewegung wisch er dies sur
Seite. "Je n'ai”besoin d’'eux, mais j'aime leurs jugements ind$-
pendants; je veux des Ministres qui me disent ce qu'ils pensent".
Seine Schlussbemerkung: Wenn das alles stimme, was ich sage,
dann sei damit doch gerade der Beweis für die Notwendigkeit
der Technical Assistance erbracht, Das kann man num wohl nicht
bestreiten, Aber ich habe ihm mit aller Krassheit vor Augen
geführt, dass unser Beitrag von der Unterstützung unseres Volkes

abhängt, das kein Geld für einen Staat geben wird, der die Docs

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a]
dodis.ch/31351
wa 2 u.

Spielregeln, wie sie nun einmal für einen sivilisierten Staat
gelten, nicht einhalten will. Man müsse sich entscheiden, Was man
wolle: ein moderner Staat au werden oder eine afrikanische Stammes-
gemeinschaft gu bleiben.

Seither habe ich den Präsidenten nicht mehr gesehen, da ioh
für einige Tage in Kampals und Bujumbure war, Gestern kam ich
neben den Präsidenten der Nationalversammlung Makusa au eitsen,
Links von mir war der Garde Nationele-Minister und neben Makusa
sass der Aussenminister. Man sprach mich auf Vuillemin an, Das
war das willkommende Stichwort, Ich verabreichte ihnen schwere
Kostzwährend einer Viertelstunde sprach keiner von ihnen ein Wort,
Am gleichen Abend klopft es plötzlich an meine Tür, Makusa setzt
sich hin und bleibt über awei Stunden, Dies ist neben dem Präsi-
denten ohne Zweifel der bedeutendste Mann, Verheiratet mit einer
Tutei und der Typ des starke Fersönlichkeit ausstrahlenden Hutu
ist er auch rangmässig der sweite Mann im Staat, Wir haben sehr
offen gesprochen, Ich gab ihm meine Notiz zum Lesen, Das Fazit ist
aber nicht ermutigend: Auch Makusa iet im Hass gegen die Tutsi
befangen und sagt, wir könnten das nicht verstehen, Die Spielregeln,
von denen ich spräche, seien in gewissen Ausnahmezeiten schwer
anwendbar, Im übrigen seien eine Reihe von Bourgmestres bereits
hinter Schlose und Riegel. Die Untersuchung werde durchgeführt,
aber oberstes Gebot mügese bleiben, dass das Verirauen des Volkes
in seinen Präsidenten nicht erschüttert werde, Und dies Bei Be
der merkwürdigen Haltung der Hutus eine viel komplexere Sache,

&ls wir Europäer uns das voratellten, Auch er war skeptisch gegen-
über dem Aussenminister, Den Justizminister mag er nicht, doch sind
da vielleicht such persönliche Gründe, weil er - wie Sie wiesen -
vorher dieses Amt hatte, Und unser Vorschlag, die Garde unter den
Präsidenten zu stellen, fand er nicht ungefährlich, Er meinte, der
Hinister sollte sin Offizier sein, warum nicht überhaupt der Com-
mandant? Die Idee des Generalsekretärs Lehnte er nicht ab, Wir
vereinbarten, in engem Kontakt zu bleiben, und ich werde dies,

ohne es gegenüber dem Präsidenten zu ocachieren, auch tun.

Nun muss ich sagen, dass in einem Gemeinwesen wie dem hie-
eigen Erfolge in unserm Sinn sich mur langsam einstellen, Man muss
hartnäckig sein und immer wieder den Rechtsstandpunkt mit aller
Schärfe verteidigen, Aber man darf auch nicht das Spiel des Gegners
spielen. Und dieser ist skrupellos, verschlagen und gemein, Ich
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weiss nicht, ob Ihnen Herr Lindt von dem FPamphlet gesprochen hat,

das zwei Inyenasys, Dom Bosco Kayonga und Michel Kayihura, durch

einen schweizerischen Mittelsmann an den Bundespräsidenten ge-
schickt haben. Dass ein Verbrecher wie Kayihura, der schwere Mord-
taten organisiert hat und von einem belgischen Gericht zu 15 Jah-
ren Zuchthaus verurteilt wurde, sich das Vertrauen des Vatikans
erringen kann und in der Welt herumreist, um für die armen PTutsis
zu weibeln, stimmt die Leute hier natürlich nicht mur Milde, Man
muss unbedingt die grosse Borge in Rechnung stellen, die dieses
ton Flüchtlingen umsingelte Land bedrückt, Offengestanden habe
ich mich selber mit einer Maschinenpistole bewaffent, was doch

eine groteske Sache ist, i

Der Aufruf an die Ylüchtlinge i1et ernst gemeint, Kayibanda
und Makusa helten am Ziel der Integration fest. Sie sind überseugt,
dass die grosse Masse brav und harmlos ist, Eine allmähliche Rück-
kehr guter Elemente wäre gu wünschen. Aber das IKRK müsste eine

Art Schiederichterrolle behalten, Das Ganze scheint im Moment

1illusorisch, de die wirtschaftlichen Voraussetgungen garnicht

gegeben sind,
| Nun Ihre konkreten Anfragen:

1. Ich gehe am 28./29. April nach Nyansa, um mit allen wichtigen
Leuten zu sprechen und in die Bnauete Gikongoro und Shangugu
Binblick @u nehmen,

2. Habamenshi ist der Name des Justiumministers. Der Procureur,
ein Tutzi, wird als anständiger Mann beschrieben,

3. Ein eingehender Brief an den Präsidenten mit Ihren Hauptanlie-
gen wäre sehr gut, Tun sie es bald.

4. Die beiden Fälle werde ich untersuchen, Verschiedene Leute,
die ale tot gelten, tauchen nun in den Prozessen der "Cour
militaire" wieder auf, Bis jetst sind 26 + 8 Leute zum Tode
verurteilt. Der Fräsident will die Gnadengesuche erst prüfen,
wenn alle Prozesse durch sind, Der zweite Fall, den Sie schil-
dern, könnte sehr wohl komplet erfunden sein, Die Tutzis sind
hierin Meister, Man darf ihnen nichts gleuben, Aber ich werde
das Nötige tun. .

5, Die Zusammenführung der Familien ist eine dringende Sache,
Dies kann aber nur von Ihnen gemacht werden, Ze ist so ungeheu-
er viel Lüge, Hass und Misstrauen als Sand im Getriebe, dass
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ein Aussenstehender schwer zu Brfolgen kommt, Ein Lichtblick
ist die Süret6, Von Tulpin geschult und geleitet ist der Chef
ausgezeichnet, Letsthin kam eine Anfrage aus Bujumbura, die
kranke Mutter eines UN-Angestellten hinausgsulassen. Das Ganse
war in einer Minute erledigt, Man will mur keine Inyensy-Agenten
ziehen lassen. Die von der "Cour militaire" Freigesprochenen
meldeter. gich unverzüglich bei Rukeba, der eine Siegesfeier für
gie veranstaltete, Solche Dinge schaffen natürlich böses Blut,
6. Des sog. "Livre blanc" habe ich nicht zur Hand, will es auch
garnicht mehr gehen, Die Hauptschuld trifft den Aussenminister
und seine unfähigen Mitarbeiter, worunter ein Belgier, Dass der
Präsident sein übles Machwerk vom 28, Januar publiziert hat,
werde ich ihm nie vergessen, Er hat damit in einem entscheiden-
den Moment gegen meinen Rat gehandelt, Ich lasse ihn das spüren,
wo es nötig ist, ;
Die Politik des Hochkommissars ist beunruhigend, Ich schicke
Ihnen ganz vertraulich die Kopie meines heutigen Schreibens an ihn,
Ee tut mir leid es zu sagent Jamieson trota seiner schottischen
Biedermeier-Art zaubert ein gänslich falsches Bild der Lage an die
Wand: Die grosse Nasse der Flüchtlinge arbeitet nicht, sondern poli-
tisiert und hetzt, Natürlich bekommt man in Genf und vor allem in
New York eine bessere Note, wenn man sagen kennt wir haben mit den
Terroristen nichts zu tun, Aber man geht der Frage aus Wege, wer
Flüchtling und wer Terrorist isty und dies mit der Ausrede, der
HCR dürfe asich nicht in Folitik mischen, Diese These wird aber
2ogisch sinnlos, wenn man sich nicht mehr getraut, awlschen weissen
und schwargen Schafen mu wählen, Damit verdreht sigh die Unpartei-
lichkeit in ihr Gegenteil, gleichsam gegen den eigenen Willen,

Wann kommen Sie wieder her und von was hängt das ab? Hoffent-
lich schiebt sich dies nicht @u lange hinaus, weil man das Bisen
gohmieden muss, wenn es heiss ist,

Mit herzlichen Grüssen,
Haut

fgtquery v.1.9, 9 février 2024